Einsatzfahrzeug des Zolls für die Finanzkontrole Schwarzarbeit

Einsatzfahrzeug des Zolls für die Finanzkontrole Schwarzarbeit

Deutschlandweite Zollrazzia gegen Paketzusteller offenbart schwerwiegende Verstösse

Eine groß angelegte Razzia in der Paketbranche bei hunderten Subunternehmern offenbart zahlreiche schwerwiegende Verstösse.
Fahren ohne Führerschein, gefälschte Pässe, Lohndumping. Besonders das Lohndumping, dass tausende Fahrer den Mindestlohn nicht erreicht haben, dürfte weitreichende Folgen haben.

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Eine groß angelegte Razzia in der Paketbranche bei hunderten Subunternehmern offenbart zahlreiche schwerwiegende Verstösse:
Fahren ohne Führerschein, gefälschte Pässe, Lohndumping. Besonders das Lohndumping, dass tausende Fahrer den Mindestlohn nicht erreicht haben, dürfte weitreichende Folgen haben.

Fast 3.000 Zollbeamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) haben am 8.2.2019 deutschlandweit eine Razzia bei hunderten Subunternehmen der großen deutschen Paketdienste durchgeführt, wie das Handelsblatt berichtet. Rund 12.000 Fahrer wurden kontrolliert, mit deutlichem Ergebnis: In den 356 kontrollierten Unternehmen traten bei über 2.000 Fahrern Ungereimtheiten auf, während der größte Teil der Beanstandungen Unterschreitungen des Mindestlohns betraf, waren die ebenfalls zutage geförderten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten teilweise so absurd, dass das Handelsblatt die Paketbranche als „Hort der Gesetzlosen“ bezeichnet hat.

Razzia bei Subunternehmern von DHL, DPD, GLS, Hermes: 74 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

Die Razzia förderte zwar hauptsächlich Ungereimtheiten bei den Mindestlöhnen zu Tage, aber insgesamt sollen laut der Generalzolldirektion auch 74 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden sein. So wurden laut Berichterstattung zwei Straftäter aufgegriffen, ebenfalls stolperten die Fahnder über Moldawier mit gefälschten Pässen und die Zöllner des Hauptzollamts Gießen fanden zum krönenden Abschluss noch zwei ausländische Fahrer, die keinen Führerschein besaßen.

Jeder dritte Arbeitgeber soll keinen Mindestlohn zahlen

Das größte Problem der Branche sei das Lohndumping. Das Handelsblatt zitiert eine Sprecherin des Hauptzollamts Duisburg, die mitteilt „dass im Durchschnitt jeder dritte Arbeitgeber im Bereich Paketzusteller und Kurierdienste zu wenig Lohn zahlen würde.“ Bei 17,6 % der kontrollierten Fahrer, das sind 2.143, sollen Ungereimtheiten aufgetreten sein. So teilt der Zoll mit, dass in 2.143 Fällen weitere Sachverhaltsaufklärungen durch die FKS erforderlich und die Prüfungen noch nicht abgeschlossen sind.

Der Zoll durchsuchte allein bei der Deutschen Post mehr als 100 Betriebsstätten und mehr als die Hälfte der 49 Niederlassungen laut Handelsblatt

Mithaftung der Paketdienste DHL, DPD, GLS, Hermes möglich

Diese Razzia entwickelt sich für die großen Paketdienste eventuell zu einer Bombe, denn das Mindestlohngesetz enthält über einen Verweis auf das Arbeitnehmerentsendegesetzes eine Regelung zur Haftung sogenannter Generalunternehmer.

Dieser Gesetzestext sieht vor, dass ein Auftraggeber für alle Unternehmen in der Auftragskette haftbar ist. Mitarbeiter, die bei einem Subunternehmer beschäftigt sind und keinen Mindestlohn erhalten haben, könnten gemäß dieser Regelung den Subunternehmer umgehen und ihren Mindestlohn direkt beim Auftraggeber einfordern. Damit könnten rund 2.000 Fahrer ihren Mindestlohn direkt bei DHL, DPD, GLS und Hermes einfordern.  Zusätzlich könnten Bußgelder bis zu EUR 500.000 im Einzelfall fällig werden, wenn den Paketdiensten ein eigenes Verschulden nachgewiesen wird.

Gegenüber dem Handelsblatt äußerten sich die Sprecher der großen Paketdienste betont ahnungslos: Hermes will nichts von einer möglichen Haftung wissen, GLS will erst mal die Berichte der Untersuchungen abwarten, ebenso DHL. DPD gibt sich sicher und verweist auf vertragliche Zusicherungen der Subunternehmer, den Mindestlohn zu zahlen.

In Sicherheit wiegen können sich die Paketdienste aber vermutlich nicht. Empfehlenswert ist es, sich von seinem Beauftragten eine vertragliche Zusicherung geben zu lassen, dass er und seine Sub- oder Nachunternehmer den Mindestlohn zahlen, gegebenenfalls auch mit Wirkung für die von ihm eingesetzten weiteren Nachunternehmer und Verleiher.  Allerdings beseitigt dies nicht die Haftungsverpflichtung des Auftraggebers, wenn der Auftragnehmer oder die weiteren Nachunternehmer den Mindestlohn dennoch nicht zahlen. Die Paketdienste könnten ihrerseits dann wieder Subunternehmer in Regress nehmen – falls diese Insolvenz anmelden, bliebe die Haftung letztlich bei den Paketdiensten.

Vermutlich müssten die Paketdienste zukünftig die Lohnzahlungen der Subunternehmer überprüfen und sich nicht ausschließlich auf die vertragliche Zusicherung verlassen, um auf Nummer sicher zu gehen. Strafrechtliche oder bussgeldrechtliche Konsequenzen werden die Verstösse der Subunternehmer für die bekannten Paketdienstleister wohl nicht haben.

Die Folgen treffen die Subunternehmer

Die strafrechtlichen oder bussgeldrechtlichen Konsequenzen werden die Subunternehmer selbst treffen, schliesslich sind diese dem Vorwurf des Lohndumping ausgesetzt. Lohndumping verwirklicht nicht allein den formellen Verstoss gegen das Mindestlohngesetz, der mit Bussgeld belegt ist. Vielmehr geht das so gut wie immer mit dem Straftatbestand des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen einher. Und der ist mit erheblichen Geldstrafen oder Freiheitstrafen bis zu 5 Jahren, in besonders schweren Fällen (Schäden über EUR 50.000) bis zu 10 Jahren belegt. Daneben drohen der Entzug der Gewerbeerlaubnis und ggf. das Verbot, als Geschäftsführer tätig zu sein.

Vor allem aber sind die Subunternehmer in erster Linie der Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge ausgesetzt, ggf. auch von Lohnsteuer. Hinzu kommen die Säumniszuschläge von 1 % je Monat. Da kommen schnell enorme Beträge zusammen, die zu Illiquidität und Insolvenz führen können. Erweist sich ein strafbares Verhalten, dann droht auch bei GmbH-Geschäftsführern der Durchgriff aus das Privatvermögen.

Fachkundige Vertretung lohnt sich

Betroffene Unternehmer sind gut beraten, sich einen fachkundigen Rechtsanwalt zu suchen. Dieser sollte die Zusammenhänge von Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht und Strafverfahren sowie die Praxis von Zoll und Rentenversicherung gut kennen und beherrschen. Fragen Sie den Anwalt auch, ob er die nötigen Ressourcen hat, umfangreiche Lohndaten und Auswertungen von Zeitaufschrieben, Daten aus Fahrtenschreibern und so weiter durchzuarbeiten, um eine effektive Verteidigung leisten zu können. Hiermit sollten betroffene Transporteuere nicht zuwarten.

erste Anlaufstelle für Lohn und Personal sind meist Steuerberater und Buchhalter. Diese geben oft freigiebig Informationen an Behörden, so auch Zoll und Rentenversicherung. Angesichts drohender Strafverfahren ist das nicht ratsam.

Vor allem aber sollten Sie ihre Steuerberater und Buchhalter, die oft erste Anlaufstelle für Lohn und Personal sind, schriftlich anweisen zu schweigen, dem Zoll und der Rentenversicherung keine Informationen zu liefern und nichts zu sagen.

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